Fragen und Antworten

Libellen-Saison 2012

Wann ist die libellenlose Zeit endlich beendet?

Die Winterlibellen haben ihre Überwinterungsquartiere bereits verlassen!

Hallo liebe Naturfreunde,

kaum eine andere Frage wird mir so häufig gestellt, wie die Frage nach dem Beginn der Libellen-Saison, bzw. wann die Libellen endlich wieder schlüpfen.

Eines möchte ich gern vorweg erwähnen; Absichtlich möchte ich darauf verzichten, die Antwort zu sehr wissenschaftlich zu halten, da ich mit meinen LibellenWissen-Blog möglichst viele Menschen auf leicht verständliche Weise erreichen möchte.

Es gibt im Grunde genommen keine libellenlose Zeit!

Aus Baden-Württemberg und der Schweiz wurden mir bereits in der letzten Februarwoche die ersten

Winterlibellen gemeldet, die aus ihren vor Wind und Wetter geschützten Winter-Verstecken hervor kamen. Viele Natur-, Makro-, Libellenfreunde sind oftmals erstaunt, überrascht und letztendlich begeistert, wenn Sie zum ersten mal davon hören, dass es im Winter Libellen gibt. Auf die Lebensweise der Winterlibellen möchte ich in diesem Beitrag allerdings nicht weiter eingehen. Interessierte entnehmen bitte weitere Informationen den Artprofilen unserer beiden Winterlibellen-Arten, Sympecma fusca (Gemeine Winterlibelle) und Sympecma paedisca (Sibirische Winterlibelle).

Nachtrag:

In der Zeit vom 17. März 2012 und dem 24. März wurden mittlerweile aus fast allen Teilen Mitteleuropas Winterlibellen gemeldet, die sich bereits in größeren Stückzahlen gegen Mittag zur Paarung an den Gewässern aufhalten.

Nun zur Eingangsfrage, wann die ersten Libellen der neuen Saison schlüpfen oder anders gefragt:

Wann beginnt endlich die Libellen-Saison 2012?

Das hängt von mehreren Faktoren ab, ganz besonders aber von den Temperaturen der Gewässer. Die Gewässertemperatur wiederum ist im Allgemeinen abhängig vom Wetter. Nehmen wir ein Beispiel aus unserem alltäglichen Leben, um die Zusammenhänge zwischen Temperaturen und dem Beginn der Emergenz (Schlupf) von Libellen logisch erscheinen zu lassen. Ich denke fast jeder von uns hat daheim einen Kühlschrank, idealerweise ist der umweltfreundlich der Energieeffizienzklasse A++.  In ihm kühlen wir nicht nur Getränke wie z.B. Bier und Weißwein wegen des oftmals viel besseren Geschmacks, nein in erster Linie um unsere Lebensmittel länger frisch zu halten, bzw. um deren Verderb zu verlangsamen oder gar gänzlich aufzuhalten, da Bakterien und Keime sich nicht so rasch vermehren können, als das bei höheren Temperaturen der Fall ist.  Genau so verhält es sich mit den Libellenlarven. Je kühler ihr Entwicklungsgewässer, desto langsamer die Entwicklung, was auch mit ein Grund für die oftmals variierende Entwicklungsdauer darstellt.

Bestes Beispiel sind unsere Quelljungfern, deren Larven sich in kühlen Quell- und Gebirgsbächen entwickeln und so von 4 bis zu 7 Jahre benötigen. Ein weiterer Grund ist dabei aber auch das Nahrungsangebot der räuberisch lebenden Libellenlarven. Je wärmer das Gewässer, desto artenreicher und schneller entwickeln sich auch alle anderen Bewohner eines Lebensraums. Der Stoffwechsel der im Wasser lebenden Tiere ist den Temperaturen des Wassers entsprechend angepasst. Manche Arten stellen die Entwicklung vollständig ein und der Stoffwechsel geht gegen null, wir sprechen dabei von einer Diapause. Ich zitiere dazu aus einem sehr lesenswerten Beitrag zur Diapause, folgenden interessanten Absatz: “ Eine Diapause kann in verschiedenen Entwicklungsstadien stattfinden. So gibt es die Puppendiapause, die Larvendiapause und die Imagines-Diapause (Imago = die erwachsene Form von Insekten). Bei vielen Säugetieren kommt es zur embryonalen Diapause, auch Keimruhe genannt. Eine Diapause kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, zum Beispiel durch einen Wechsel der Tageszeitlänge, durch Trockenheit, niedrige Temperaturen oder Nahrungsmittelknappheit. Oft lösen mehrere Faktoren in Kombination eine Diapause aus.“

Wir können nicht in die Zukunft schauen, aber ein kleiner Rückblick auf den Saisonstart der Jahre 2007 und 2008 in Brandenburg, mit fast 4 Wochen auseinander liegenden Saisonbeginn, geben uns einen gewissen Aufschluss auf die uns nun endlich bevorstehende Saison.

Der Winter 2006/2007  war sehr mild und bereits im März 2007 erreichte das Thermometer mit ca. 30°C ungewöhnlich früh, sommerliche Temperaturen. Die Emergenz von Pyrrhosoma nymphula (Frühe Adonislibelle) setzte am 27. März 2007 ein (Melder war Bernd Cegielka).

Der Winter 2007/2008 hingegen war nicht so mild wie in dem Jahr zuvor. Die Gewässer lagen bis in den März 2008 hinein unter einer Eisdecke. Erst Mitte April kletterten die Temperaturen auf über 20°C. Am 25. April 2008 durfte ich die ersten schlüpfenden Pyrrhosoma nymphula beobachten und fotografieren.

Momentan haben wir in Deutschland fast überall frühlingshaftes Wetter, was die Chancen auf einen frühen Saisonbeginn steigern sollte. Ich selbst rechne in spätestens 4 Wochen mit den ersten Fundmeldungen aus dem Süden und Westen der Republik, wenn auch nicht aus meiner Heimat, dem noch um etwa 10°C kühlerem Berlin/Brandenburg. In der Regel kommt es aber meist nur zu regionalen Abweichnungen des Saisonbeginns von maximal 2 Wochen.

Bis dahin bleibt mir nur jedem Libellenfan zu empfehlen, sich einmal näher den Winterlibellen zu widmen. Winterlibellen sind hübsche, interessante, aber auch gut getarnte Libellen. Viel Erfolg bei der Suche!

Im LibellenWissen-Blog wird selbstverständlich genau wie im Vorjahr, stets aktuell über die bereits schlüpfenden Libellenarten berichtet.

Für Themen-Wünsche und Kritik habe ich stets ein offenes Ohr und freue mich über eure Nachricht. Kontaktiert mich ganz einfach per Mail. Vielen Dank!

Ich wünsche allen ein spannendes und interessantes Libellenjahr 2012!

Euer Andreas Thomas Hein