Der Körperbau einer Libelle

Zur Bestimmung von Libellen ist das Wissen um deren Anatomie sehr nützlich

Häufig ergeben die Beschreibungen einer Art erst dann einen Sinn, wenn man weiß wo sich welcher Körperteil befindet.

Der Körperbau einer Libelle entspricht der allgemeinen Schemata der Insekten.

Der Körper einer Libelle gliedert sich wie bei allen Insekten in 3 Bereiche; in Kopf (Caput), Brust (Thorax) und der Hinterleib (Abdomen). 
Der hochspezialisierte Körperbau einer Libelle ist ihrem Leben als Raubinsekt, insbesonderen dem des Lufträubers hervorragend angepasst. Mit den riesigen, kugelförmigen Augen ist ihnen ein fast vollständiger Rundumblick möglich.
Die kräftig gebaute Brust besteht fast nur aus mächtigen Flugmuskeln, um die großflächigen zwei nicht faltbaren Flügelpaare unabhängig voneinander bewegen zu können und damit den Libellen die uns so faszinierenden, blitzschnellen Flugmanöver ermöglichen.
Der Hinterleib ist Flugstabilisator und  dient der Regulierung der Körpertemperatur.

Der Kopf ist Träger der wichtigsten Sinnesorgane
Am Kopf einer Libelle befinden sich 2 kurze achtgliedrige Fühler, womit Luftströmungen und Geschwindigkeit gemessen werden. Den größten Teil des Kopfes bilden die 2 großen Komplexaugen,

bestehend aus bis zu 30000 Einzelaugen (Ommatidien). Oberhalb des Kopfes in dem Bereich zwischen den Komplexaugen und der Fühler befinden sich 3 zusätzliche, in einem Dreieck angeordnete Punktaugen (Ocellen), mit denen hell von dunkel unterschieden wird und der Orientierung dienen. Stirn und Kopfschild bilden die Frontpartie (Frons), welche umgangssprachlich auch gern als Nase bezeichnet wird. An der Unterseite des Kopfes befinden sich geradezu gewaltig wirkende Beißwerkzeuge, welche aus paarigen, kräftigen, scharfkantigen Mandibeln (Oberkiefer) und etwas kleineren Maxillen (Unterkiefer) sowie deren unpaarig angehängtem Labrum (Oberlippe) und Labium (Unterlippe) gebildet werden.

Die Brust ist das Zentrum der Fortbewegung
Die Brust (Thorax) besteht aus 3 Segmenten. Die Vorderbrust (Prothorax) ist das kleinste Segment, sitzt beweglich als Verbindung von Kopf mit der Mittelbrust. In den Artprofilen der Schlanklibellen werden Sie häufig lesen, dass eine sichere Bestimmung nur über den Hinterrand der Vorderbrust (Prothorax) möglich ist. Die Mittelbrust (Mesothorax) und die Hinterbrust (Metathorax) sind fest miteinander verschmolzen. Bei vielen Libellenarten befinden sich auf der Oberseite der Mittelbrust charakteristische helle Streifen (Antehumeral und/oder Humeralstreifen)  sowie an den Thoraxseiten eine oftmals unverwechselbare Zeichnung, die ganz wesentlich zur Bestimmung einer Art beitragen kann.


Die unterhalb des Thorax befindlichen 3 dornigen Beinpaare dienen dem Fang und Halt von Beute, aber auch zum Festhalten an verschiedenen Substraten während Ruhe-, Aufwärmphasen, ganz besonders bei der Metamorphose. Zum Laufen sind die Beine eher ungeeignet,  können uns aber gelegentlich bei der Bestimmung dienlich sein, vor allem bei kniffligen, manchmal bei sich überschneidenden Artmerkmalen helfen, in die richtige Richtung zu denken. Ein Paradebeispiel dafür ist die Blutrote Heidelibelle.
Über die oben auf dem Thorax an mächtigen Muskelpaketen verankerten vier Flügel der Libellen, wird von mir noch ein ausführlicher, separater Artikel verfasst und demnächst veröffentlicht.
Libellen atmen nicht durch den Mund, sondern über kleine Atemlöcher (Stigmen/Stigmata) am Thorax. Darüber habe ich bereits im Thema Tracheenatmung ausführlich berichtet:

Der Hinterleib (Abdomen) ist das Lebenszentrum
Das Abdomen besteht aus 10 beweglichen Segmenten. Neben den äußerlich sichtbaren Geschlechtsorganen befinden sich im inneren des Abdomens das lange röhrenförmige Herz, die Verdauungsorgane und die Reproduktionsorgane. Am hinteren Ende des Abdomens befinden sich die zangenartigen Hinterleibsanhänge, die oftmals auch als das 11. Segment beschrieben wurden.

Schauen wir uns den Körper einer Libelle einmal in einer Graphik genauer an.
Sie sehen hier eine männliche Kleinlibelle aus der Familie der Teichjungfern. Rechts oben im Bild das Abdomen eines Weibchens. Es handelt sich jeweils um die Sibirische Winterlibelle – Sympecma paedisca.

Wenn Sie auf das Foto klicken wird es etwas größer angezeigt.

Im wesentlichen unterscheiden sich die zur Bestimmung relevanten Merkmale der Kleinlibellen, kaum denen der Großlibellen.

Zur Erinnerung: Der Hinterleib einer Libelle ist das Abdomen und besteht aus 10 Abdominalsegmenten. Bei verschiedenen Arten der Libellen ist es wichtig zu wissen, wo welches Segment liegt, da ein Abdominalsegment zur Bestimmung teilweise von großer Bedeutung ist. Sie sehen hier zum besseren Verständnis dazu das Abdomen einer männlichen Hufeisen-Azurjungfer.

Hinterleibsende einer weiblichen Kleinlibelle mit Blick auf die Legeröhre.

Mehr Informationen zur Unterscheidung von Männchen und Weibchen:  „Geschlechtsbestimmung“

Bestimmungshilfe für die Schlanklibellen über das Pronotum (Hinterrand der Vorderbrust)
Dazu habe ich folgende Graphik vorbereitet, die gleichzeitig zeigt woran Sie eine Pechlibelle von z.B. den Azurjungfern ganz einfach unterscheiden können, sofern Sie die Möglichkeit haben diese kleinen und scheuen Libellen von oben zu fotografieren.
azurjungfer-w-pechlibellen-graphik

Meine verwendete Literatur:

K. Sternberg, R. Buchwald (1999): Die Libellen Baden-Württembergs Bd. 1, Eugen Ulmer, ISBN 3-8001-3508-6

H. Bellmann (2007): Der Kosmos Libellenführer (Die Arten Mitteleuropas sicher bestimmen). Franckh-Kosmos, ISBN 978-3440106167

G. Jurzitza (2000): Der Kosmos-Libellenführer (Die Arten Mittel- und Südeuropas). Franckh-Kosmos, ISBN 3-440-08402-7

Robert, Paul-A. (1959):  Die Libellen (Odonaten), Kummerly & Frey, Geographischer Verlag Bern, (Antiquariat)

Schiemenz, H. (1953): Die Libellen unserer Heimat, Urania-Verlag. (Antiquariat)