Wissenschaft

Parasiten – Larven von Wassermilben

Die Libelle als Wirt von Ektoparasiten der Gattung Arrenurus

Kleine runde, rote, braune oder schwarze Kügelchen

Fotos von Winterlibellen mit Milbenbefall gesucht!

Hallo meine lieben Freunde und Libellenwissen Leser,

es gibt eine große Anzahl von Parasiten, die einer Libelle zu schaffen machen können. Aus Sicht eines Libellenfreundes sind zum Glück die wenigsten Parasiten tödlich, können aber ihren Wirt erheblich schwächen und so die Lebenserwartung verringern. Um diesen Artikel nicht zu lang werden zu lassen, werden wir uns hier hauptsächlich mit den Parasiten befassen, die insbesondere dem Makro-Fotografen oftmals daheim am PC erst auffallen.

Die Rede ist von kleinen roten oder braunen bis schwarzen Kügelchen, entweder an der Brust oder am Hinterleib, meist an der Unterseite. In der letzten Zeit bekam ich sehr häufig Anfragen zu diesen Kügelchen, fast immer mit der gleichen Fragestellung, die da lautet: „Sind das Libelleneier?“ Wer sich schon länger mit Libellen beschäftigt und / oder häufiger, gar regelmäßig LibellenWissen.de besucht, weiß natürlich längst wie Libelleneier ausschauen. (Foto: Besten Dank an Gerhard Haaken aus Niedersachsen)

Parasiten sind Organismen, meist in Form von winzigen,

zu den Insekten zählende, Lebewesen, die stets kleiner sind als ihr Wirt. Die Artenvielfalt der parasitär lebenden Organismen ist mindestens drei mal größer, als alle weltweit bisher beschriebenen Tierarten zusammen.

Es wird unterschieden zwischen:

1. Parasitoiden: Der Befall endet für den Wirt meist tödlich, weshalb Parasitoiden eher als Praedatoren zu bezeichnen sind. Selten werden adulte Libellen befallen, viel häufiger die von den weiblichen Libellen in die, im, am oder unter Wasser befindliche Vegetation eingestochenen Libelleneier. Kleine Schlupfwespen-Arten legen ein Ei in das Ei einer Libelle. Vom Dotter ernährt sich dann die Schlupfwespenlarve. Das Ei der Libelle wird dabei vollständig aufgebraucht. Nähere Informationen über Parasitoiden werden in einem separierten Artikel „Libellen und ihre Praedatoren“ erscheinen, da ich befürchte euch mit einem zu lang geratenen Artikel langweilen zu können.

2. Endoparasiten: Das sind sich im Inneren des Wirtes aufhaltende Parasiten.

Sie sind selten tödlich im eigentlichen Sinne, können die Lebensdauer allerdings verkürzen (Spulwurm, Fadenwurm, Saugwurm, Gregarinen etc.). Hier rechts auf dem Foto seht ihr eine männliche Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella), die von Gregarinen befallen ist. Gregarinen sind einzellige Sporentierchen, die sich im Darm des Wirts aufhalten. Bei stärkerem Befall wird die Darmwand beschädigt, die Gregarinen gelangen dann in den gesamten Körper und es entstehen auffallende dunkle Stellen am Thorax (Brust) oder/und am Abdomen (Hinterleib). Die Libellen werden träge bis sie letztendlich vorzeitig sterben.

3. Ektoparasiten: Das sind Parasiten, die sich außen am Körper ihres Wirts aufhalten. Dazu zählen beispielsweise Gnitzen und die vermutlich am häufigsten an Libellen zu findenden Ektoparasiten, die Larven von Wassermilben. In Deutschland handelt es sich dabei ausschließlich um Milbenlarven der Gattung Arrenurus. 

Diese Larven sind im Grunde völlig harmlos, sofern sie nur in geringer Stückzahl einen Wirt befallen. Treten sie jedoch massenhaft auf, kann der Wirt so stark geschwächt werden, dass er stirbt. Die Wassermilbenlarven leben genau wie die Libellenlarven im Wasser und klettern dort bereits auf ihren Wirt. Während der Metamorphose steigen die Milbenlarven von der Libellenlarve auf die schlüpfende Libelle um und beißen sich meist an der Unterseite der noch weichen, nicht ausgehärteten Haut einer Libelle fest. Dort saugen die Milbenlarven zur Nahrungsaufnahme dann etwa 3 bis 4 Wochen lang die Hämolymphe (Körperflüssigkeit der Insekten, umgangssprachlich Insektenblut) aus der Libelle und lassen sich meist während der Eiablage wieder zurück ins Wasser fallen.

Die Libelle dient den parasitär lebenden Milbenlarven so nicht nur als Nahrungsquelle, sondern auch als Transportmittel um neue Lebensräume für sich erschließen zu können. Dieser Vorgang wird als Phoresie bezeichnet, was in etwa als „vorübergehende Transportgesellschaft“ zu verstehen ist.

Je nach Gewässer kommen Wassermilben unterschiedlich häufig vor.

So gibt es Gewässer die regelrecht verseucht sind mit Wassermilben. Entsprechend hoch ist die Befallsrate an Libellen festzustellen.

Libellenkundler Falk Petzold untersuchte von 2002 bis 2006 an einem Moorsee in Nordbrandenburg die Parasitierung von Libellen-Imagines (Odonata) durch Wassermilben-Larven (Hydrachnidia). Dabei wurden an der Hälfte der parasitierten Tiere weniger als 15 Milbenlarven gezählt. Vereinzelt konnte Falk Petzold aber auch sehr starken Milbenbefall feststellen, von denen 2 Funde besonders bemerkenswert sind. So fand Falk eine Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula) an der sich sage und schreibe 278 Milbenlarven festgesaugt hatten. Wenn man bedenkt wie klein diese zu den Schlanklibellen zählende Kleinlibelle ist, kann man sich das gut vorstellen, dass die Ärmste sehr darunter gelitten haben muss. An einer zu den Großlibellen gehörenden Falkenlibelle (Cordulia aenea) machten sich gar 1136 Milbenlarven zu schaffen. (Quellenangaben: Libellula 25 (3/4) 2006, Falk Petzold, GdO e.V., Seite 185-198 / sowie persönliche Mitteilungen).

Vielen Dank an Helmut Gutjahr aus Bayern, für dieses wunderbare Foto, einer mit zahlreichen Milbenlarven besetzten Sympetrum vulgatum (Gemeine Heidelibelle).

Nun endlich möchte ich auf den im Untertitel erwähnten Aufruf, an alle Libellen-Fotografen zur Mithilfe, eingehen!

Parasitismus an Libellen ist ein durchaus spannendes, bisher aber noch immer relativ wenig untersuchtes Thema. Es konnten mittlerweile bei fast allen in Mitteleuropa vorkommenden Libellenarten Milbenlarven nachgewiesen werden. Eine Ausnahme bildet dabei die Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca). Noch niemals wurde ein frisch geschlüpftes Imago gefunden. Woran kann das wohl liegen? Wissen die Milbenlarven etwa, dass die Winterlibellen erst im darauf folgenden Jahr zur Paarung und Eiablage zum Gewässer zurückkehren? Das ist eigentlich unvorstellbar. Da die neue Winterlibellen-Generation erst im Juli/August, also just zu diesem Zeitpunkt anfängt zu schlüpfen, könnte es von der Phänologie her zu spät im Jahr für die Entwicklung der Wassermilben sein, was eine plausible Erklärung sein könnte. Den wenigen Publikationen zu den verschiedenen Untersuchungen ist zu entnehmen: je später im Jahr, desto geringer werden Funde von mit Milbenlarven befallenen Libellen gemacht.

Auf geht es meine lieben Libellenfreunde, ihr habt die Chance ein Teil einer wissenschaftlichen Arbeit zu werden. Solltet ihr eine frisch geschlüpfte Winterlibelle fotografieren oder sogar bereits ein Foto in eurem Fundus haben, dann würde ich mich über eure Nachricht an post(ät)libellenwissen.de, mit Angaben zum Fundort, des Funddatums und natürlich des angehängten Belegfotos sehr freuen.

Herzliche Grüße euer Andreas